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Was ist das Gegenteil von schwarz? ……….Nein, falsch, nicht weiß! So wenig wie das Gegenteil von rot = grün ist, ist das Gegenteil von schwarz = weiß. Logisch einwandfrei ist das Gegenteil von schwarz = Nicht-schwarz!

Und logisch und folgerichtig muss ich im Gegenzug zu meiner Kritik der Regierungspolitik der USA nicht automatisch etwa die Politik des Kongos, Russlands oder Chinas positiv bewerten. Das gleiche trifft für meine Kritik am USA-Präsidenten Biden zu, den der Ex-Präsidentenberater Gorka als den „ korruptesten Politiker der amerikanischen Geschichte“ bezeichnete.* „Teufel Biden“ contra „Engel Putin“; das funktioniert nicht. Umgekehrt eben auch nicht.

Biden und Putin lassen sich nicht in schwarz-weiß-Kategorien einordnen. Warum auch? Das Problem liegt für mich ganz woanders: Biden müssen wir wirtschaftlich und militärpolitisch folgen, Putin nicht. Als deutscher Staatsbürger soll ich Biden als „Häuptling“ der westlichen Wertegemeinschaft akzeptieren, der angeblich meine Sicherheit garantiert. Nach Meinung unserer Leit-Politiker müsste er eigentlich mein Bündnispartner und Freund sein.  Nach meinem Verständnis sollte aber der Charakter eines Freundes um ein Vielfaches moralisch höherwertiger sein als der eines Nicht-Freundes. Statt jedoch in vielen Belangen vorbildlich zu sein und mich zu beschützen, reißen mich als deutschen Nato – Partner die USA-Präsidenten seit Jahrzehnten in „Kalte und Heiße Kriege“ rein, mit denen ich nichts zu tun haben möchte. Ich muss die Folgen aller Verbrechen der USA mit verantworten. Putin hingegen ist für mich ein x-beliebiger Repräsentant von vielen, kein Partner.

Der nicht offiziell ausgesprochenen, aber praktizierten Doktrin „guter USA-Präsident, schlechter Russen-Präsident“ werde ich mich nicht beugen. Dieses simple „gut-böse-Denkmodell“ findet selbst in unserem „Hohen Haus“ vielfach seinen Niederschlag. Ihre Besetzer, die PolitikerInnen des Bundestages, kennen oft nichts anderes als in gute und schlechte Fraktion zu denken. Es ist halt auch eine typische Politiker-Konvention (Verhaltensnorm), an der man schwer vorbeikommt. Wie also bewerte ich die Rolle und Funktion des Präsidenten der Russischen Föderation? Eines vorweg, ich bin der Einzige, der weiß, was Putin wirklich will – nämlich ganz einfach nur Ruhe. Na, Spaß beiseite!

Das Forum generalkritik.de hätte nicht seinen Namen verdient, wenn es nicht auch deutliche Kritik in Richtung Putin zu richten hätte. In aller Kürze und ohne Schnörkel oute ich mich: Ich bin weder Verbündeter noch Sympathisant Putins. Putin ist mir in vieler Hinsicht unsympathisch. Sein militärisches Engagement in Syrien (Aleppo) war grausam und unverhältnismäßig. Seine zu vermutende Beteiligung oder Akzeptanz des Umgangs mit Oppositionellen innerhalb und außerhalb Russlands ist, zurückhaltend ausgedrückt, des 21. Jahrhunderts unwürdig, beschämend bis kriminell. (Das gleiche gilt natürlich auch für die USA, die ohne einen Prozess den missliebigen General Kassem Soleimani und 4 weitere unschuldige Personen im 9962 km entfernten Bagdad 2020 per Drohne töten ließen oder Julian Assange, der USA-Kriegsverbrechen aufdeckte, mit lebenslangem Zuchthaus drohen. Oder für den Kronprinz Mohammed bin Salman, der 2018 als Strippenzieher zur Ermordung des in den USA lebenden Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul gilt).

Das Machogehabe von Putin und das Distanzhalten seiner Gäste an einem Tisch für 20 Personen rundet meine Meinung ab. Er ist für mich kein Vorbild für einen halbwegs humanistisch-demokratisch denkenden und handelnden Präsidententypus unserer Zeit. Ob das russische Volk einen solchen Präsidententyp wünscht, kann ich nicht beurteilen. In dieser Führungsposition wäre meines Erachtens trotz Nato-Aggression weitaus mehr drin. Diese Bewertung trifft allerdings auch auf mehr als 100 weitere demokratieferne Staatslenker und Präsidenten in dieser Welt zu, z. B auf Erdogan, unseren Nato – Partner in der Türkei. Wobei ich gestehen muss, dass ich zur Beurteilung Putin ’scher Innenpolitik mangels Russischkenntnissen bislang ausschließlich von der einseitigen, stets fehlersuchenden antirussischen und anti-putin‘schen Westpresse meine Informationen er halte.

Die Ukraine-Problematik und die Rolle Putins

 Im Gegensatz zu meiner oben genannten Kritik stehe ich in der aktuellen Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland bezüglich der Ukraine-Problematik, eher auf der Seite Putins. Schon nach 1945 hätte Deutschland ein für alle Mal entmilitarisiert werden müssen. Als später der etwas naive Präsident Gorbatschow 1990 veranlasste die russischen Truppen friedlich aus Ostdeutschland abzuziehen, hat er einen großen Fehler gemacht. Er hätte parallel wie die Engländer, Franzosen und die USA im Rahmen des Viermächte-Status Deutschlands, einige russische Militärstützpunkte in Deutschland belassen sollen. Im weiteren Verlauf hätten sämtliche Alliierten Zug um Zug alle ihre Truppen nach einem bestimmten Schlüssel abziehen müssen. Die Siegermächte hätten zu der damaligen Zeit auch über eine entmilitarisierte Zone in Deutschland und Osteuropa nachdenken, verhandeln und sie in ein Gesetz gießen müssen. Vielleicht wäre im Zuge der Entmilitarisierung Osteuropas sogar die Bundeswehr in ihrer jetzigen Größe überflüssig oder wie die Schweizer Armee bündnisfrei zur Neutralität verpflichtet worden.

Nichts von alledem ist von unserem zu kurzblickendem Führungspersonal angedacht oder realisiert worden. Putin muss jetzt die ganzen Webfehler einer verfehlten europäischen Sicherheitspolitik ausbaden. Die aus heutiger Sicht letzte Chance, ein für alle Beteiligten Europäer zufriedenstellendes Sicherheitsbündnis zu schmieden, bestand im zeitlichen Rahmen von Putins Rede im Jahr 2002 im Deutschen Bundestag. Leider hat die deutsche Kanzlerin Merkel diese Chance vermasselt. Ihre Liebe zu den USA war einfach zu groß. Denn wer kein natürliches Interesse an einem starken europäischen autonomen Wirtschafts- und Militärbündnis hat, sind ausnahmslos die Regierungsverantwortlichen auf der anderen Seite des Atlantiks. Die USA leben von wirtschaftlicher und militärischer Konkurrenz, Feindschaft und Großmachtstreben unter den Mottos „make USA great again“ und „America-first“. Der Einzige, der das so ehrlich formulierte und dazu stand, war Präsident Trump. Aber die USA sollten hier in Europa nichts aber auch gar nichts zu sagen und zu suchen haben, wie umgekehrt wir nichts in den USA zu sagen haben.

Kommen wir wieder zu Putin. Jeder Präsident Russlands, egal wie er heißt, hätte nach den schmerzlichen Erfahrungen zweier Weltkriege, die im immer im Westen seines Reichs begonnen wurden, schon Mitte der neunziger Jahre die Reißleine ziehen müssen. Kein Präsident Russlands hätte das Heranrücken einer fremden Militärallianz mit Namen Nato, schon gar nicht wenn das amerikanische Militär darin das Sagen hat, tolerieren sollen. Dieses Versäumnis muss Putin jetzt im Interesse der russischen Sicherheitsinteressen ausbaden und leider auch die BürgerInnen in der Ukraine. Die Annexion der Krim und der womöglich heutige Beginn der völkerrechtswidrigen Eingemeindung eines Teils der Ostukraine in die Russische Föderation haben jetzt die 20 Jahre zu spätkommende Reißleinen-Funktion. Grundsätzlich zähle ich mich zu den Pazifisten und halte den Einsatz von Gewalt oder einen Krieg, als sog. letztes Mittel, für unzeitgemäß. Ich hoffe, dass der Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich beendet wird.

Schlussbemerkung:

Um vor dem russischen Volk, seinen Militärberatern und der leidvollen russischen Geschichte bestehen zu können, muss der jetzige Präsident Putin handeln. Ihm bleibt keine Wahl. Kein Russe würde Putin mit Recht verzeihen, wenn er zuließe, dass die „USA-Nato“ Raketenstützpunkte an der russischen Grenze stationieren würde. Das zu verhindern, ist in der Sprache von Frau Merkel alternativlos.

Das beliebteste Argument der Putin-Kritiker lautet: „Putin (stellvertretend für die Russen) muss doch keine Angst haben, dass die Nato das Atomwaffen besitzende Russland stürmt, greift viel zu kurz, grenzt fast schon an Naivität. Erstens sind amerikanische Raketenbasen in Osteuropa kein Spielzeug. Die USA lügt, wenn sie diese als Abwehrsystem gegen einen iranischen Angriff deklariert. Für wie dumm halten sie die Russen und natürlich auch uns Deutsche. Zweitens ist das Nato-Militär nicht in erster Linie für einen offensiven Krieg gegen Russland gedacht. Eher kann es als schnelle Eingreiftruppe dienen, wenn ein prowestlicher Putsch in Moskau militärisch oder Militär beraterisch unterstützt werden kann. Destabilisierungsfunktion durch das USA-Militär ist hierfür das Stichwort.

Und zu guter Letzt müsste ich meine ganze Argumentation pro-Putin neu überdenken, wenn in Osteuropa ein rein europäisches Militärbündnis agieren würde, ohne die skrupellose Weltmacht USA.

* aus: „Im Wahn – die amerikanische Katastrophe“ Seite 371

** Institut für Demoskopie Allensbach und das Kölner „Centrum für Strategie und höhere Führungsmacht“ (2019)

 

Putin – eine differenzierende Bewertung

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