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Faschismusverdacht – ein vermintes Gelände

Auch ein Versuch zur Versachlichung der Diskussionen.

Auf Deutschland bezogen wurden die Nationalsozialisten auch deshalb als Faschisten bezeichnet, um den Anklang an das Wort Sozialismus zu meiden. Deshalb sind alle Nationalsozialisten (Nazis) Faschisten, aber global gesehen nicht alle Faschisten Nationalsozialisten. Welches sind nun die Ingredienzien (Zutaten) die den Faschismus damaliger Prägung ausmachen? Aus einer Anzahl an Möglichkeiten werden hier ein paar wesentliche Komponenten aufgelistet, die von einem Laien für Laien zusammengetragen wurden.

  • Züchtung einer Herrenrasse. Die Übertragung der Lehre Darwins1) vom Kampf ums Dasein aus der Evolutionstheorie der Biologie in die Geschichte und ihre Verwandlung in eine krude Rassenlehre. Das Programm dieser Rassenlehre beinhaltete die Züchtung einer Herrenrasse.
  • Der Antisemitismus. Der A. als Methode, die Juden zu den Alleinschuldigen an allen Problemen und Konflikten der Moderne zu erklären. Dazu zählen: kapitalistische Krisen, Desintegration (Auseinanderfallen) der Gesellschaft und zunehmende Heimatlosigkeit und Entfremdung des Einzelnen. Am Kontrastbild des ausgestoßenen jüdischen Sündenbocks kann dann die Gesellschaft ein Gefühl ihrer Geschlossenheit gewinnen.
  • Der Antibolschewismus. Der A. mit der Erklärung des Kommunismus als Teil der jüdischen Weltverschwörung.
  • Nationalismus. Die Verlängerung des N. in den imperialistischen Anspruch der Herrenrasse, im Kampf um die Weltherrschaft die Gesetze der Moral außer Kraft setzen zu dürfen. Imperialistischer Anspruch meint hier, das Bestreben einer politischen Führung in anderen Ländern oder bei anderen Völkern politischen und wirtschaftlichen Einfluss zu erlangen, bis hin zu deren Unterwerfung und zur Eingliederung in den eigenen Machtbereich.
  • Männlich-aristokratische Lebensform. Die Theatralisierung einer m-a-L durch die Glorifizierung des Militärs, des Heroismus, der soldatischen Tugenden von Treue und Gehorsam und der Ehre.
  • Blut und Bodentheorie. Der auf die Landwirtschaft fixierte Glaube, das deutsche Volk brauche zu seinem Überleben mehr „Lebensraum“.
  • Verachtung der Demokratie. Die V. d. D., der individualistischen Kultur des Westens und des Liberalismus bei gleichzeitiger

 

Faschist – Dieser Begriff wird zunehmend inflationistisch gebraucht

Faschismus – ein kurzer Definitionsversuch

Auch ein Versuch zur Versachlichung der Diskussionen.

Nicht nur aber auch in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine entwickelte sich synchron ein Wettkampf besonderer Art, ein Kleinkrieg der Schimpfwörter. Wer findet und benutzt die vernichtendsten Ausdrücke für den politischen Gegner. Diese werden benötigt, um die Schuldigen dieses Krieges, die Mitverantwortlichen und Andersdenkenden, mithin also die Feinde, mit einem Höchstmaß an Schimpfwörtern, zu bedenken. Sie mutieren zu Schlachtrufen.

Viele sind auf der Suche nach Begriffen, die zivilgesellschaftlich gerade noch so aussprechbar sind, aber trotzdem stark, verurteilend bis vernichtend genug klingen, um die zu Beschimpfenden mit Worten zu traktieren. Sie suchen nach Verbalinjurien (Beleidigung durch Worte) die nicht mehr zu überbieten sind. In diesem Zusammenhang hat sich so scheint es auf der Beliebtheitsskala diffamierender Begriffe das Wort „Faschist“ hochgearbeitet. Will man jemanden ganz besonders in seinem Ansehen schädigen, ihn herabsetzen, oder ihn in Verruf bringen greift man auch zu diesem Wort. Ob sich die Präsidenten der Ukraine und Russland gegenseitig als Faschisten betiteln oder die Menschen in Deutschland untereinander, der Faschismusbegriff ist beinahe inflationistisch aus den politischen Auseinandersetzungen nicht mehr wegzudenken. Und die spannende Frage lautet: Verstehen alle unter diesem Begriff das Gleiche? Ist ein Faschist, Nazi oder Rechtsextremer das Gleiche?

Faschismusverdacht – ein vermintes Gelände

Begibt man sich in der verwirrenden Vielfalt und Fülle in der Literatur incl. Wikipedia auf Spurensuche nach einer halbwegs handhabbaren Definition für den Alltag, wird es echt kompliziert. In den Faschismustheorien wurden in den Geschichts- und Sozialwissenschaften verschiedene theoretische Ansätze entwickelt, die sich vor allem in der Einschätzung unterscheiden, welche Merkmale faschistischer Bewegungen als charakteristisch anzusehen sind. Von allen Wörtern, die mit „ismus“ enden, ist das Wort Faschismus das inhaltsleerste. Denn der Begriff Faschismus ist vom Italienisch fascio abgeleitet, was „Bund“ bedeutet. So sind Faschisten nichts anderes als Bündler und der Faschismus ein Bündlertum. Ab den 1920er Jahren wurde der Begriff für alle ultranationalistischen, nach dem Führerprinzip organisierten antiliberalen und antimarxistischen Bewegungen, Ideologien oder Herrschaftssysteme verwendet. Der Diktator Benito Mussolini war der Führer dieser politischen Bewegung.

Auf Deutschland bezogen wurden die Nationalsozialisten auch deshalb als Faschisten bezeichnet, um den Anklang an das Wort Sozialismus zu meiden. Deshalb sind alle Nationalsozialisten (Nazis) Faschisten, aber global gesehen nicht alle Faschisten Nationalsozialisten. Welches sind nun die Ingredienzien (Zutaten) die den Faschismus damaliger Prägung ausmachen? Aus einer Anzahl an Möglichkeiten werden hier ein paar wesentliche Komponenten aufgelistet.

  • Züchtung einer Herrenrasse. Die Übertragung der Lehre Darwins vom Kampf ums Dasein aus der Evolutionstheorie der Biologie in die Geschichte und ihre Verwandlung in eine krude Rassenlehre. Das Programm dieser Rassenlehre beinhaltete die Züchtung einer Herrenrasse.
  • Der Antisemitismus. Der A. als Methode, die Juden zu den Alleinschuldigen an allen Problemen und Konflikten der Moderne zu erklären. Dazu zählen: kapitalistische Krisen, Desintegration (Auseinanderfallen) der Gesellschaft und zunehmende Heimatlosigkeit und Entfremdung des Einzelnen. Am Kontrastbild des ausgestoßenen jüdischen Sündenbocks kann dann die Gesellschaft ein Gefühl ihrer Geschlossenheit gewinnen.
  • Der Antibolschewismus. Der A. mit der Erklärung des Kommunismus als Teil der jüdischen Weltverschwörung.
  • Nationalismus. Die Verlängerung des N. in den imperialistischen Anspruch der Herrenrasse, im Kampf um die Weltherrschaft die Gesetze der Moral außer Kraft setzen zu dürfen. Imperialistischer Anspruch meint hier, das Bestreben einer politischen Führung in anderen Ländern oder bei anderen Völkern politischen und wirtschaftlichen Einfluss zu erlangen, bis hin zu deren Unterwerfung und zur Eingliederung in den eigenen Machtbereich.
  • Männlich-aristokratische Lebensform. Die Theatralisierung einer m-a-L durch die Glorifizierung des Militärs, des Heroismus, der soldatischen Tugenden von Treue und Gehorsam und der Ehre.
  • Blut und Bodentheorie. Der auf die Landwirtschaft fixierte Glaube, das deutsche Volk brauche zu seinem Überleben mehr „Lebensraum“.
  • Verachtung der Demokratie. Die V. d. D., der individualistischen Kultur des Westens und des Liberalismus bei gleichzeitiger Totalunterwerfung des Einzelnen unter die Gemeinschaft.

Sicher werden die Faschismustheoretiker das eine oder andere noch hinzufügen oder präziser formulieren. Entscheidend aber ist für die heutige Nutzung dieses Begriffes Faschismus, dass wesentliche Merkmale dieser Auflistung nachweisbar sind. Ob dies zutrifft, wenn sich Selenskyj und Putin, zwei Staatsoberhäupter, des Faschismus bezichtigen oder zwei Nachbarn von „um die Ecke“ untereinander, kann bezweifelt werden.

Ansonsten käme dann die nächste beliebte Verbalinjurie in Frage: Neo-Faschist. Hiermit sind diejenigen gemeint, die einer Bewegung nach dem 2.Weltkrieg angehören, die sich mit Teil- oder Rest-Ideen des Faschismus früherer Jahre identifizieren.

Vielleicht kann dieser Beitrag etwas zur Versachlichung aufgeheizter Polit-Szenarien beitragen. Um diesen Kurzkommentar hier nicht zu überfrachten, ist noch ein weiterer geplant, der sich mit der politischen Rechte, als Teil des politischen Spektrums mit Faschismusverdacht, befasst.

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