Schwarmdummheit statt Schwarmintelligenz
Symbolisch steht hier die „wahnhafte“ aggressive Mitte (Frau Prof. Ulrike Guérot)
Symbolisch steht hier die „wahnhafte“ aggressive Mitte (Frau Prof. Ulrike Guérot)
Wir befinden uns am Ende jeglicher ernster politischer Diskussionen – warum?
Deutschland hat weniger ein Sicherheitsproblem als ein Wahrnehmungsproblem
– und das ist zurzeit weitaus gefährlicher.
Massenwahn Teil 2. Wer möchte ernsthaft mit jemandem diskutieren, der hinter jeder Ecke einen Geist, Teufel oder Feind vermutet, also unter Wahnvorstellungen leidet? Der „Massenwahn“ der Russland-Angst ist keine kollektive Verrücktheit, sondern eine kollektive Fehlkalibrierung von Wahrnehmung und Emotion in einem saturierten, sicherheitsverwöhnten Land wie das unsrige. Beim Thema Massenwahn kommen wir um die Anwendung einiger psychologischer Fachtermini nicht herum, die ansonsten auf generalkritik.de weitestgehend gemieden werden sollen – Entschuldigung dafür.
Wie könnte man den von Prof. Precht kurz angerissenen Massenwahn (siehe Teil 1) in einem der sichersten Länder der Welt, der Angst vor Putin bzw. den Russen charakterisieren? Wie kann man ihn einordnen und mit den psychologischen Erkenntnissen der Gehirnforschung zu persönlichen Wahnvorstellungen in Beziehung setzen?
Precht meint mit „Massenwahn“ sicherlich keinen kollektiven Irrsinn im klinischen Sinn, sondern ein gesellschaftlich synchronisiertes Angst- und Deutungsmuster, das sich selbst verstärkt.
Charakterisierung des Massenwahns
In der Psychologie ist eine Wahnvorstellung definiert als unerschütterliche, wirklichkeitsfremde Überzeugung, die gegen Gegenargumente immun ist. Neuropsychologisch betrachtet entsteht Wahn aus einer Fehlregulation des dopaminergen Belohnungs- und Aufmerksamkeitssystems: Das Gehirn überinterpretiert Signale – ordnet neutralen Reizen übermäßige Bedeutung zu („aberrant salience“). (Wer das Thema vertiefen möchte, findet fundierte Fachquellen unter *):
Das Gehirn – individuell wie kollektiv – hält die permanente Erregung für Sinn. Feindbilder ersetzen Komplexität, Angst ersetzt Orientierung, und moralische Selbstvergewisserung ersetzt Nachdenken. So wird ein Land, das objektiv in Frieden lebt, subjektiv zum Krisenstaat.
Oder zugespitzt gesagt: Deutschland hat weniger ein Sicherheitsproblem als ein Wahrnehmungsproblem – und das ist weit gefährlicher.
*Fachliteratur:
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/11275
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-2389-7566
https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/